Mischinkontinenz – Die Kombination aus Belastungs- & Dranginkontinenz
Definition – was ist eine Mischinkontinenz?
Ständig drückt die Blase, der Urin ist kaum zu halten und beim Husten geht unbeabsichtigt Harn ab? Dann handelt es sich um eine Mischinkontinenz. Mit dem Krankheitsbild werden zwei verschiedene Arten der Inkontinenz zusammengefasst: die Dranginkontinenz sowie die Belastungsinkontinenz.
Bei der Mischinkontinenz ist der Leidensdruck der Betroffenen besonders hoch. Die überaktive Blase dominiert große Teile des Tagesablaufs.
Symptome der Mischinkontinenz
Einerseits treten die Anzeichen einer Dranginkontinenz auf. Selbst bei nur geringem Füllstand entsteht ein enormer Druck in der Blase. Der imperative Harndrang ist dermaßen groß, dass immer wieder Urin selbstständig abgeht. Betroffene suchen folglich mehrmals pro Stunde die Toilette auf.
Dazu gesellen sich die Symptome der Belastungsinkontinenz. Schon ein Hustenreiz reicht aus, und die Blase entleert sich ungewollt. Die Belastungsinkontinenz wird häufig im Rahmen einer Schwangerschaft ausgelöst und tritt beim Husten, Niesen, Joggen, Treppensteigen oder Heben auf.
Ursachen der Mischinkontinenz
Alle Auslöser, die zu einer Belastungsinkontinenz bzw. Dranginkontinenz führen, können auch Hintergrund der Mischinkontinenz sein. Das Problem vieler Ärzte ist, dass sich die Motive nicht immer voneinander abgrenzen lassen.
Man geht von zwei generellen Problemfeldern aus:
Die Harninkontinenz wird durch einen geschwächten Beckenboden ausgelöst. Als Quelle gelten eine zurückliegende Schwangerschaft und Geburt, eine genetisch bedingte Bindegewebsschwäche oder das Absenken von Blase, Gebärmutter oder Scheide (Prolaps). Auch Übergewicht spielt eine Rolle (übermäßiger Druckaufbau auf den Beckenboden).
Die Symptome könnten aber auch durch eine Erkrankung im Bereich der Verschlussmuskulatur der Blase liegen. Bei der sogenannten Detrusorhyperaktivität sendet die Blasenwand falsche Befehle aus. Ursächlich könnte eine anatomische Fehlstellung der Harnwege sein, aber auch Entzündungen, hormonelle Veränderungen, Tumore oder neurologische Erkrankungen verursachen die Inkontinenz.
Diagnose
Viele Betroffene versuchen zunächst, die Beschwerden der Mischinkontinenz mit gängigen Inkontinenzprodukten zu überspielen. Dabei ist eine medizinische Untersuchung enorm wichtig.
Die Erforschung der Ursache ist mehrstufig:
Bei der Anamnese wird der derzeitige Zustand des Patienten aufgenommen (Schwangerschaften, Operationen, Einnahme von Medikamenten, sonstige Erkrankungen). Eine Urin- und Blutuntersuchung ist ebenfalls nötig.
Der Patient fertigt in den Folgetagen ein sogenanntes Miktionsprotokoll an. Die Übersicht bietet, wie bei einem Kalender, einen Überblick zu allen Miktionen (Blasenentleerungen).
Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Kernspintomographie oder eine Blasenspiegelung geben einen Einblick in die genaue Anatomie. Insbesondere die Blase, Harnröhre, Vagina, Prostata, der hintere Darmabschnitt sowie der Beckengürtel werden begutachtet.
Mittels Urodynamik (Uroflowmetrie, Zystometrie, Urethradruckprofil) werden die Füllungsphase, der Druckaufbau und die Entleerung von Blase und Harnröhre beschrieben. Dabei liegt der Fokus auf der Restharnbestimmung, also der Flüssigkeitsmenge, welche nach der Entleerung in der Harnblase zurückbleibt.
Behandlung und Therapie bei Mischinkontinenz
Dank der mehrstufigen Diagnostik entsteht ein individuelles Bild der Inkontinenz. Danach leitet sich die weitere Behandlung der Blasenschwäche ab. Allgemeingültig ist eine Kombination aus Behandlungsansätzen der Drang- und Belastungsinkontinenz.
Beckenbodentraining
Bei Männern wie bei Frauen geht es zunächst um die Stärkung des Beckenbodens. Dazu erhält der Patient ein professionelles Beckenbodentraining. Ziel des Trainings ist es, einzelne Bereiche muskulär zu stärken und die Bänder zu festigen.
Blasentraining
Im gleichen Schritt wird ein Blasentraining angeraten. Indem der Patient lernt, seine Blasenkapazität sowie den ausgeprägten Harndrang bewusster einschätzen zu können, sollen die Symptome der Mischinkontinenz gelindert werden.
Biofeedback
Als sinnvoll beschreiben viele Betroffene auch das Biofeedbacktraining, teilweise mit Elektrostimulation. Dazu werden kleine Sonden in Vagina und Rektum eingeschoben. Sie zeigen den Grad der muskulären Anspannung, um das Areal zunehmend festigen zu können.
Vaginalkonen
Bei Frauen bietet sich eine Therapie mit Vaginalgewichten (Feminakonen) oder einem Pessar an. Letzterer wirkt stützend auf die Blase. Die Gewichte aktivieren die Muskulatur der Vagina. Beliebt sind dazu beispielsweise Produkte des Anbieters Apogepha.
Botox
Seit einigen Jahren wird die Inkontinenz mittels Botox behandelt. Indem der überaktive Blasenmuskel (Detrusormuskel) gehemmt wird, entspannt sich die Muskulatur und das ausgeprägte Druckgefühl nimmt ab.
Medikamente
Auch eine medikamentöse Therapie ist möglich. Verschrieben werden dazu Anticholinergika oder auch Antimuskarinika. Die Präparate entspannen die Blasenmuskulatur und erwirken teilweise sogar eine Kapazitätssteigerung der Blase.
Auch Spasmolytika oder Antidepressiva werden zur Therapie eingesetzt. Seit kurzer Zeit ist dafür Duloxetin zugelassen. Das Arzneimittel versorgt den Körper mit spezifischen Botenstoffen und wirkt dämpfend auf den ständigen Entleerungsreiz.
Möglich ist ebenso eine Behandlung mit Alpha- und Beta-Adrenergika. Sie nehmen die Anspannung vom Sphinktermuskel (Schließmuskel der Blase).
Operative Eingriffe
Sind diese Therapieansätze ausgeschöpft, könnte auch eine minimalinvasive Operation weiterhelfen.
Bei Frauen wird, je nach Diagnose, der Schließmuskelapparat angehoben (TVT – „Tension-free Vaginal Tape“). Dazu wird ein feines Bändchen um die Harnröhre geschlungen. Die Urethra wird dauerhaft und an der richtigen Stelle stabilisiert.
Gehen die Probleme der Inkontinenz auf einen Prolaps (Absenkung) der Gebärmutter zurück, wird der Beckenboden entlastet, indem das Organ operativ angehoben wird.